Gedenkstunde

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(Fotos: Rolf-Dieter Gerken)


Wir als ACG hatten geplant, zu diesem Anlass vor dem Feuerwehrhaus eine Andacht zu gestalten, mit religiösen Elementen und einem Bericht über die Stolpersteine für Familie Bravmann, die dort liegen. Im Anschluss sollte es ins Rathaus gehen und dort das Gedenken der Stadt samt einer Lesung der Landesbühne stattfinden.

Inzwischen wurde alles zu einer gemeinsamen Feierstunde zusammengefasst, die aufgrund der Witterung im vollbesetzten Feuerwehrhaus stattfand.

Erinnern – Verstehen – Versöhnen, so ist das Heft der Gedenkveranstaltungen der Stadt Bruchsal für das Jahr 2020 überschrieben. Diese Worte wurden im Gedenken aufgegriffen:

Zum Auftakt entzündete Andrea Knauber ein Grablicht aus Israel und erinnerte an die 6 Millionen ermordeter Juden und die anderen Opfer des Nationalsozialismus. In ihrem Text ging sie auch auf die Gemeinsamkeit von Juden und Christen ein, die an einen Gott glauben und eine gemeinsame Heilige Schrift haben. Danach gedachte die Oberbürgermeisterin, Cornelia Petzold-Schick, der Geschichte des KZ Auschwitz-Birkenau, ging aber auch auf die heutige Situation in Deutschland ein und die Gefahr eines wachsenden Antisemitismus. Im Anschluss begrüßte Marieluise Gallinat-Schneider als Vorsitzende der ACG die Anwesenden. Sie ermahnte, daran zu denken, dass es einen christlich religiös begründeten Antijudaismus gab, der schon in der Bibel seine Wurzeln hat. Auf diesem Nährboden konnte Antisemitismus wachsen. Auch während der NS-Zeit haben sich nur einige Vertreterinnen und Vertreter der Kirchen gegen das Regime gewandt und Juden geholfen. Viele haben geschwiegen, zugesehen oder sind mitgelaufen. Daher leitete sie ihren Impuls über in ein Schuldbekenntnis. Daran schloss sich der Bibeltext aus dem Matthäusevangelium (Mt 22, 37-40) an, der das jüdische Gebet des Schema Israel aufgreift, das Jesus ergänzt:

„Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt“  Dies ist das höchste und erste Gebot. Das andere aber ist dem gleich: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“

Florian Jung erklärte in seinem Beitrag, warum er sich für die Stolpersteinverlegung engagiert und wie wichtig diese Aktion gerade für die Nachfahren der Opfer ist. Er ging auf Skepsis gegen das Aufrechterhalten der Gedenkkultur ein, darauf, wie lange für Jugendliche die Ereignisse her sind und wie fern daher auch. Durch das Vorstellen ganz persönlicher jüdischer Biographien aus Bruchsal mit den Stolpersteinen wird es jedoch greifbar und löst Betroffenheit aus.

Franz Porz und Andrea Knauber wandten sich mit ihrem Fürbittgebet an Gott. Es endete jeweils mit der Bitte „Herr, gib uns deinen Frieden“. Nach dem gemeinsam gebeteten Vaterunser endete Achim Schowalter mit dem aaronitischen Segen nach der Luther- und Buberübersetzung. Das Lied: „Freunde, dass der Mandelzweig“ beschloss die Feierstunde.

Viele blieben, um danach noch die Lesung aus Biographien von Familien, für die Stolpersteine gelegt worden waren und das Theaterstück „Auschwitz meine Liebe“ von der Badischen Landesbühne zu erleben, das zwischen Schläuchen und Feuerwehruniformen an diesem ganz bewusst gewählten Ort der ehemaligen Synagoge besonders eindrücklich rüberkam.


Marieluise Gallinat-Schneider